Um eine letztwillige Verfügung zu verfassen oder aufzuheben, ist es entscheidend, ob eine Person geistig in der Lage ist, ihre Entscheidung zu verstehen und bewusst zu treffen. Diese Fähigkeit wird als Testierfähigkeit bezeichnet.
Wer testieren darf
Nach § 2229 BGB können Menschen ab 16 Jahren ein Testament erstellen, wenn sie wissen, was sie tun, und die rechtlichen Folgen abschätzen können. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei schweren psychischen Störungen oder tiefgreifenden Bewusstseinseinschränkungen, fehlt diese Fähigkeit.
Solange keine eindeutigen Anzeichen für das Gegenteil vorliegen, wird davon ausgegangen, dass jemand in der Lage ist, eine solche Entscheidung zu treffen.
Wann die Beurteilung wichtig ist
Entscheidend ist der genaue Zeitpunkt der Erklärung. Bei einem handschriftlichen Dokument zählt der Moment der Unterschrift. Wird eine Erklärung vor einem Notar abgegeben, ist dessen Protokoll entscheidend. Selbst wenn sich der Zustand danach verschlechtert, bleibt die Verfügung gültig, wenn beim Vorlesen der Inhalt verstanden und bewusst akzeptiert wurde.
Bedeutung des inneren Entscheidungsprozesses
Zentral ist, ob die Person in der Lage ist, ihren Willen unbeeinflusst zu formen. Dazu gehört, verschiedene Möglichkeiten gegeneinander abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen, die auf eigener Überlegung beruht. Das nennt man freie Willensbildung.
Auch wenn jemand komplexe Sachverhalte nicht vollständig durchblickt oder ungewöhnliche Vorstellungen hat, beeinträchtigt das nicht automatisch seine Fähigkeit, zu verfügen. Entscheidend ist allein, ob der innere Antrieb zur Entscheidung eigenständig war.
Abgrenzung zu anderen rechtlichen Begriffen
Die Geschäftsfähigkeit, geregelt in den §§ 104 ff. BGB, ist ein ähnlicher, aber nicht identischer Begriff. Bei einem Erbvertrag müssen beide Voraussetzungen erfüllt sein – also sowohl Testierfähigkeit als auch Geschäftsfähigkeit gemäß § 2275 Abs. 1 BGB.
Es gibt Fälle, in denen Menschen bestimmte Geschäfte nicht mehr abschließen dürfen. Dies nennt man teilweise Geschäftsunfähigkeit. Eine vergleichbare Abstufung bei der Fähigkeit, eine Verfügung von Todes wegen zu treffen, gibt es jedoch nicht. Die Voraussetzung muss vollständig gegeben sein – oder fehlt komplett.
Auch bei jungen Menschen gilt: Wer das 16. Lebensjahr vollendet hat und geistig klar urteilen kann, darf eine letzte Verfügung treffen – ganz ohne Zustimmung von Eltern oder Vormund.
Zusammenfassung
Eine Person ist testierfähig, wenn sie den Sinn einer Verfügung erkennt, ihre Folgen versteht und die Entscheidung unbeeinflusst trifft. Nur dann ist die Erklärung rechtswirksam und gültig.